Pressemitteilung vom 25. November 2024
Neue Forschungsstrategie: Mit Leguminosen in Mischanbau die Nahrungsmittelproduktion nachhaltiger machenDer Anbau von Leguminosen (Hülsenfruchtarten) wie Bohnen, Erbsen, Klee oder Luzerne erzeugt hochwertige Proteine ohne Stickstoffdüngung. Er macht die Landwirtschaft nachhaltiger, die Landschaft diverser und verringert die Abhängigkeit von Futtermittelimporten. Die Vorteile werden noch größer, wenn Leguminosen gemischt mit anderen Kulturen, z.B. Getreide, angebaut werden. Mischanbau wird derzeit allerdings kaum praktiziert. Die neue Forschungsstrategie der DAFA zeigt, wie mit geeigneter Forschung klassischer Mischanbau mit Leguminosen bis zur Verwertung der geernteten Mischung, z.B. als Erbsen-Weizen-Brot, entwickelt werden kann, um mehrere Nachhaltigkeitsziele gleichzeitig zu erreichen.
Die Produktion von heimischen Leguminosen (Hülsenfruchtarten), beispielsweise Bohnen, Erbsen, Linsen, Klee oder Luzerne, unterstützt eine nachhaltige heimische Landwirtschaft ohne zusätzliche Stickstoffdüngung, da Leguminosen Stickstoff über eine Symbiose an den Wurzeln aufnehmen. Der Anbau von Leguminosen verringert auch die Abhängigkeit von importierten Eiweißfuttermitteln wie Sojabohnen, deren Produktion in den Exportländern umweltschädliche Auswirkungen haben können. Mischanbau bedeutet, dass Leguminosen mit anderen Kulturen, etwa Getreide, wie in einer Partnerschaft gleichzeitig mehr oder weniger stark gemischt auf demselben Feld angebaut und geerntet werden.
Die neue Forschungsstrategie der Deutschen Agrarforschungsallianz (DAFA) zeigt, wie die Forschung zur Steigerung des Mischanbaus mit Leguminosen am besten organisiert werden sollte. Sie baut dabei auf die 2012 von der DAFA veröffentlichte Forschungsstrategie zur Ausweitung des Anbaus von Leguminosen auf. Diese wurde in die Eiweißpflanzenstrategie des BMEL aufgenommen und sollte so zu einer Ausweitung des Leguminosenanbaus in Deutschland beitragen. Der Anbau hat sich seitdem deutlich erhöht und lag 2022 bei 5 % der Ackerfläche.
Mischanbau kann so gestaltet werden, dass keine zusätzliche Stickstoffdüngung notwendig ist, dass Schädlinge und Unkraut die Produktion weniger stark beeinflussen und Proteingehalte im Getreide steigen und besser für Nahrungsmittel verarbeitet werden können. Die blühenden Hülsenfrüchtler im Mischanbau fördern zudem das Vorkommen von Bestäubern wie Wildbienen und wirken sich damit günstig auf die Ökologie der Landschaft aus. Allerdings ist der Anbau von Kulturen im Mischanbau derzeit schwieriger als der Anbau von Reinkulturen (also nur einer Art). Für Anbau, Verarbeitung und Vermarktung von im Mischanbau geernteten Leguminosen fehlt oft die passende Technologie. Rein wirtschaftlich gesehen lohnt sich der Anbau unter den derzeitigen Bedingungen oft noch nicht.
Damit die Vorteile von Leguminosen in größerem Umfang genutzt werden können, müssen die verwendeten Sorten, die Anbauverfahren, die Verarbeitung, die Vermarktung und die rechtlichen Bedingungen für die gesamte Wertschöpfungskette durch Forschung und Entwicklung verbessert werden. Die Forschung zur Unterstützung des Mischanbaus mit Leguminosen sollte sich an drei Stufen zunehmender Spezialisierung orientieren:
- als Einstieg: „klassischer Mischanbau“ mit vorhandener Technik und vorhandenen Sorten, Ernte nur eines Partners oder Trennung der Partner nach der Ernte
- für Fortgeschrittene: „angepasster Mischanbau“ mit angepasster Technik und angepassten Sorten, Trennung der Partner bei oder unmittelbar nach der Ernte
- für die Zukunft mit größtmöglicher systemischer Wirkung: „angepasster Mischanbau mit Gemischverwertung“ mit angepasster Technik und angepassten Sorten, gemeinsamer Ernte und Verwertung des Gemisches (ohne Trennung).
Mit der Spezialisierung von Mischanbausystemen steigen auch die Herausforderungen an die praktische Umsetzung, die Erfordernisse technischer Innovationen, Grundlagen- und angewandter Forschung sowie die Notwendigkeit der (agrar-)politischen und nachfragegestützten Begleitung.
In allen Stufen geht es darum, durch Kooperation von Forschung und Praxis vorhandene Erfahrungen zu sammeln, aufzubereiten, auszuwerten und verfügbar zu machen. Daraus sollten die erfolgversprechendsten Mischanbausysteme abgeleitet werden, die zuerst verbessert werden sollten. Um die zeitaufwendige Züchtung neuer Sorten voranzubringen, muss diese schon von Anfang an unterstützt werden. Eine höhere Nachfrage von Leguminosen aus Mischanbau für Fütterung und menschliche Ernährung verbessert die Möglichkeiten für landwirtschaftliche und verarbeitende Unternehmen, wirtschaftlich zu arbeiten. Wenn Politik und Forschungsförderung entsprechende Forschung anstoßen und unterstützen, können Forscher:innen gemeinsam mit der Praxis Wege aufzeigen und Lösungen entwickeln, wie diese Nachfrage begünstigt werden kann.
In der Forschungsstrategie sind auch Schätzungen enthalten, wie lange es dauert, bestimmte Forschungsaufgaben zu bearbeiten – unter der Annahme, dass die sonstigen Voraussetzungen optimal sind. Das soll Forschungsförderer bei der Planung entsprechender Förderprogramme unterstützen. Aus diesen und weiteren Überlegungen ergibt sich eine zweckmäßige Abfolge der Forschungsbereiche für die Produktion und die Wertschöpfungsketten.
Erfahrungen im In- und Ausland zeigen, dass Mischanbau mit Leguminosen in vielen Fällen und unter den passenden Bedingungen gleichzeitig ökonomische und ökologische Vorteile gegenüber Reinkulturen bieten kann. Geschickt eingesetzte Forschungsförderung kann dazu beitragen, diese Vorteile in Deutschland auf einer deutlich größeren Fläche als bisher zu erzielen.
Forschungsstrategien der DAFA entstehen in einem offenen Dialog mit Beteiligten aus Forschung, Praxis, Wirtschaft, Beratung und Politik. Auf Grundlage der Strategie können Fördereinrichtungen und Forscher:innen mit abgestimmter Forschung zum Erreichen gesellschaftlicher Ziele beitragen. Die Forschungsstrategie zu Mischanbau mit Leguminosen beruht wesentlich auf Ideen aus einem öffentlichen Workshop im März 2022, die von der Steuerungsgruppe des DAFA-Fachforums Leguminosen ausgewertet wurden. Die Mitglieder der DAFA haben der Forschungsstrategie zugestimmt. Sie wurde stellvertretend für alle Fördereinrichtungen der Parlamentarischen Staatssekretärin beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Claudia Müller, am 7. Oktober 2024 während des 2. Nationalen Leguminosen-Kongresses in Leipzig übergeben.
Weitere Informationen
Dr. Martin Köchy
Tel. +49 (0)531 5961017
martin.koechy@dafa.de
Dr. Martin Erbs
Tel. +49 (0)531 5961019
martin.erbs@dafa.de
Die DAFA ist eine Gemeinschaftsinitiative der deutschen Agrar- und Ernährungsforschung. Ihr gehören 63 deutsche Universitäten, Hochschulen, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie Bundes- und Landesforschungsinstitute an. Das Netzwerk verfolgt das Ziel, die Leistungsfähigkeit sowie die nationale und internationale Sichtbarkeit der deutschen Agrar- und Ernährungsforschung zu verbessern und für die Praxis wirksam zu machen.